Modellierung eines Waschautomaten

Novicos und Miele entwickelten einen virtuellen Prototypen durch den Einsatz numerischer Methoden

So unscheinbar Ihnen das Äußere Ihrer Waschmaschine erscheinen mag, so komplex ist ihr Innenleben. Kaum ein anderes Haushaltsgerät verfügt über solch eine Vielzahl an technischen Komponenten, die optimal aufeinander abgestimmt die zuverlässige und geräuscharme Reinigung Ihrer Wäsche ermöglichen. Für die Produktentwicklung stellt dies jedoch eine enorme Herausforderung dar, insbesondere aufgrund der beispielsweise im Schleudergang entstehenden starken Vibrationen, die sich auf die gesamte Struktur auswirken.

Der Hersteller Miele ist weltweit bekannt für besonders hochwertige und leise Waschmaschinen. Bei der Entwicklung einer solchen high-end Waschmaschine sind lange Entwicklungszyklen und zahlreiche Testdurchläufe mit mehreren physischen Prototypen keine Seltenheit. Änderungen an der Konstruktion werden in der Regel erst nach dem Prototypentest vorgenommen und sind mit hohem Aufwand verbunden.

Mit dem Ziel Entwicklungsprozesse zu beschleunigen und trotzdem die vorhandenen hohen Qualitätsstandards beizubehalten, wandte sich der Haushaltsgerätehersteller an Novicos. In einem gemeinsamen Projekt wurde ein virtueller Prototyp entwickelt, mit dem sich die Schallabstrahlung vorhersagen lässt. Eine anspruchsvolle Aufgabe, da in diesem Fall nicht nur das Verhalten einzelner Elemente oder Baugruppen betrachtet, sondern eine komplette Maschine simuliert wurde.

Um den Waschautomaten als Modell abbilden zu können, wurde eine Kombination aus unterschiedlichen Berechnungsmethoden gewählt: die konventionelle Finite-Elemente-Methode (FEM) für die Ermittlung der Strukturschwingungen, die Mehr-Körper-Simulation (MKS) für die Analyse der Maschinendynamik und eine Boundary Element Method (BEM) zur Berechnung des abgestrahlten Schalls. Die dynamischen Eigenschaften einzelner Komponenten des Strukturmodells wurden durch begleitende Messungen gezielt untersucht.  Durch den schrittweisen Aufbau des Gesamtmodells war es möglich, das angestrebte Modell zu entwickeln und dessen Tauglichkeit mithilfe von akustischen Messungen zu bestätigen.

Hierfür wurden zunächst einzelne Komponenten, wie Motor und Pumpe, mithilfe der Finite-Elemente-Methode (FEM) berechnet. Diese Ergebnisse wurden auf eine Mehr-Körper-Simulation (MKS) übertragen, welche die ungleichmäßige Massenverteilung innerhalb der Trommel, Schwerpunkte, Starrkörperdynamik, Motoreneigenschaften, das Hochlaufprofil sowie charakteristische Kurven von Federn, Dämpfern und Türdichtung mit einbezieht. Diese MKS-Analyse stellt Daten zur Betriebsschwingung und Strukturantwort im Zeitbereich in Form von modalen Partizipationsfaktoren zur Verfügung und bildet so das allgemeine dynamische Verhalten der kompletten Maschine ab.

Ein von Novicos entwickeltes Fortran-Skript, das in die MATLAB-Umgebung eingebunden wurde, wandelte die Daten der gekoppelten FEM/MKS-Analyse so um, dass Eigenvektoren und Oberflächengeschwindigkeitsamplituden direkt auf ein akustisches Netz in der Simulationssoftware übertragen werden konnten. Diese stellt eine indirekte Boundary Element Method (IBEM) zur Verfügung, die im Gegensatz zur konventionellen BEM Schallfeldberechnungen an einer unbegrenzten Anzahl an Strukturen mit freien Kanten sowie verzweigten Oberflächen durchführen kann.

Der Einsatz von Simulationssoftware und numerischen Methoden ermöglichte dem Novicos-Projektteam die Schalldruckpegel rund um die Waschmaschine genau vorherzusagen und durch unterschiedliche Graphen die Schalldruckverteilung bei bestimmten Frequenzen, die Schallamplitude an spezifischen Punkten für einen Frequenzbereich oder auch die Hauptverursacher für Geräusche nach Amplitude und Frequenz darzustellen.

Um das beschriebene Vorgehen zu verifizieren, führten die Projektpartner bei Miele akustische Messungen an einem vorhandenen Gerät durch und glichen die Messergebnisse mit den Ergebnissen der Simulation ab. Mit einer hohen Genauigkeit und nur sehr geringen Abweichungen war das Ergebnis mehr als zufriedenstellend und bestätigte den innovativen Ansatz von Novicos. Waschmaschinenhersteller Miele ist durch den Einsatz virtueller Prototypen in der Lage, eigenständig Simulationen für Produktentwicklungen und Optimierungen vorzunehmen.

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